26.09.2008
Beliebte Fehler in der kalkulatorischen Zinsrechnung
Leider werden bei der kalkulatorischen Zinsrechnung viele Fehler gemacht. Das betrifft sowohl die Abgrenzung der Zinskosten von den Zinsaufwendungen als auch die kalkulatorische Zinskostenrechnung selbst. Auch die Aufgabenautoren und Prüfungspoeten der Industrie- und Handelskammern sind davor nicht gefeit, denn in Kammerprüfungen wurden schon eine Vielzahl von schweren Fehlern entdeckt.
Die grundlegende Abgrenzung der Zinskosten von den Zinsaufwendungen ist in http://www.bwl-bote.de/20070225.htm dargestellt (mit druckbarer PDF). Es wird empfohlen, sich diesen Artikel zuerst anzusehen, denn er legt den Unterschied zwischen Schuldzinsen und Kostenzinsen dar, der nicht dem umgangssprachlichen Gebrauch dieses Zinsbegriffes entspricht.
Eine Übersicht über die wichtigsten Rechenmethoden ist in http://www.bwl-bote.de/20080303.htm zu finden. Dieser Artikel bietet auch eine Übersicht über die häufigsten Fehler und zeigt, warum diese Methoden fehlerhaft sind.
Dann nehmen wir uns mal die IHK-Prüfungen vor. Die in den folgenden Artikeln dargestellten Fehler beziehen sich alle auf Prüfungen „Geprüfter Betriebswirt“ und „Geprüfter Technischer Betriebswirt“:
· Zinsen auf WBW: http://www.bwl-bote.de/20080129.htm
· Der Subtraktionsfehler: http://www.bwl-bote.de/20070223.htm
· Die Nullrentabilität: http://www.bwl-bote.de/20080214.htm
· Der Nutzungsdauer-Fehler: http://www.bwl-bote.de/20080212.htm
· Starre Mindestrentabilität: http://www.bwl-bote.de/20071008.htm
· Das Abzugskapital-Problem: http://www.bwl-bote.de/20070909.htm
Leider werden Prüfungsteilnehmer, die richtig rechnen, doch als falsch korrigiert. Es wird daher empfohlen, die beschriebenen Fehlerquellen genau zu studieren, so daß man in der Prüfungsveranstaltung die Knallschoten erkennt, bevor man in die Falle tappt. Die optimale Lösung wäre, die Sache dann richtig zu machen, die Aufgabe zu korrigieren und zu kommentieren, und auf einen einsichtigen Prüfer zu hoffen. Leider gibt es eine Menge inkompetente Prüfer, die oft die Teilnehmerarbeiten nicht mal richtig lesen. Wer befürchtet, mit so einer Pfeife konfrontiert zu werden, kann für die Prüfung falsch rechnen, um als richtig bewertet zu werden. Diese Herangehensweise ist zwar etwas feige 😉 aber pragmatisch.
Dennoch wird empfohlen, bei Fehlern in Prüfungen im Forum für Betriebswirtschaft Hinweise auf die Fehler zu posten oder den Autor dieses Blogs zu informieren. Das gilt übrigens auch bei Problemen mit inkompetenten Prüfern. Aus Köln habe ich hierzu schon höchst interessante Berichte…
25.09.2008
»Wagnis und Gewinn«: verbreitete Fehler und Irrtümer im Rechnungswesen
Manche Fehler sind geradezu unausrottbar. Mit Liebe und Hingabe werden sie von einer Betriebswirtegeneration an die nächste weitergereicht und ob aus Denkfaulheit oder weil alle es halt so machen niemals hinterfragt. Das freilich ist für mich kein Grund, solche Fehler nicht ans Licht zu zerren:
»Wagnis und Gewinn«: Besonders die Meisterausbildung der Handwerkskammern macht diesen Lapsus immer wieder. Dabei ist das „Wagnis“ eine (kalkulatorische) Kostenart, wohingegen der Gewinn eine, wenn auch sehr mehrdeutige und komplexe Ergebnisgröße ist, die stets erst nach den Kosten berechnet werden kann. Ohne Wagnis also keinen Gewinn, ohne Fleiß kein Preis: beides gehört jedoch keineswegs in einen Topf!
»Kreditkosten«: Mancher muß teuer anbieten, weil er hoch verschuldet ist – angeblich. Wieso überhaupt die Bankzinsen in die Kalkulation geraten, wird selten hinterfragt, denn dort haben sie selbstverständlich nichts zu suchen. Schuldzinsen sind neutrale Aufwendungen, die nichts mit der Preisgestaltung zu tun haben sollten: dort gehören nur und ausschließlich die kalkulatorischen Zinsen hin, aber die werden oft ignoriert. Dann wäre nämlich klar, daß hohe Selbstkosten nicht hat, wer hoch verschuldet ist, sondern wer viel Kapital braucht – ob eigenes oder fremdes ist hierbei völlig egal!
»Das verursacht Verlust, das muß abgeschafft werden!«: Es gibt aber keine Produkte mit Gewinnen (oder Verluste), sondern nur welche mit Deckungsbeiträgen. Was passieren kann, wenn man ein Produkt ohne Deckungsbeitragsrechnung nur wegen eines Verlustes abschafft, hat der BWL-Bote immer wieder dargestellt. Ins öffentliche Bewußtsein ist der Deckungsbeitrag gleichwohl nie wirklich gedrungen.
»Leasing, so günstig«: dieser vermutlich von den Leasingfirmen sorgfältig und liebevoll hochgepäppelte Irrtum läßt sich leicht anhand der Berechnung der internen Verzinsung widerlegen, nur soll das möglichst keiner können. Selbst die Verkäufer solcher Firmen (und des Versicherungsgewerbes) können es meist nicht. Aber auch sonst ist Leasing selten sinnvoll – höchstens, wenn woanders keine Liquidität mehr zu bekommen ist. Dann sollte man aber möglichst gar keine Verpflichtung mehr eingehen!
»Wir müssen uns versichern!«: Dann aber zahlen wir statistisch gesehen stets mehr ein als wir herauskriegen, denn der Erwartungswert jeder Versicherung ist immer (hochgradig) negativ. Wer aber spielt ein Spiel, bei dem man nicht gewinnen kann?
»Wir müssen sparen«: Vielfach wird dabei aber vergessen, daß wer spart auch die Stückkosten steigen läßt. Dies aber schafft neue Probleme, neue Zwänge zu Einsparungen, noch mehr Frust – ein Teufelskreis. Und denken alle so, steigen die Preise und werden die Güter knapper- eine unsoziale Ideologie. Anstatt zu sparen sollte man ausweiten, vergrößern, expandieren und stets auf sinkende Stückkosten senken, also vorwärts denken!
»Die Annuitätentilgung ist schon ok…«: Unter einem Annuitätendarlehen versteht man eines, bei dem die Tilgung in gleichhohen Gesamtraten erfolgt, also dem Kreditnehmer nur gesagt wird, wieviel er pro Monat/Quartal/Jahr zu zahlen hat, nicht aber, wie hoch der darin steckende Zins ist. Im Konsumentenbereich ist das die faktisch einzige Art der Darlehenstilgung. Daß dies aber auch die teuerste Art der Tilgung ist, verraten die Banker in aller Regel nicht. Man kann es freilich selbst hier nachrechnen.
»Mehrere Zahlungstermine pro jahr sind besser«: Der Glaube, lieber monatlich als vierteljährlich oder gar jährlich zu zahlen, ist ein verbreiteter Irrtum der Versicherungs- und Kreditnehmer, denn der Effektivzins steigt bei einer höheren Anzahl von Zinsterminen. Es wundert daher nicht, daß Guthabenzinsen (wie z.B. auf Sparverträge) in aller Regel nur ein mal pro jahr, Schuldzinsen (z.B. auf Girokonten) hingegen oft monatlich abgerechnet werden. Was daran schlecht ist, kann man durch eine Zinsrechnung herausfinden. Mangelnde Kenntnisse in Finanzmathematik kosten aber so manchen unwissenden Kreditnehmer viel Geld. Mathematik ist eben doch nicht langweilig – jedenfalls nicht, wenn es ums eigene Geld geht!
„Allen ist das Nachdenken erlaubt“, so weiß ein altes Sprichwort, „aber vielen bleibt es erspart“. Das ist auch im Rechnungswesen so, wo schon ganze Branchen auf solche Irrtümer aufgebaut werden. Einen Betrieb zu sanieren, oder „nur“ einfach ihn zu führen, ist aber eine schwierige Aufgabe, die mit der fundamentalen Kritik hergebrachter Denkweisen und Verhaltensmuster beginnt. An dieser fundamentalkritischen Denkweise fehlt es leider ziemlich oft – besonders in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwunges, in denen man meint, es nicht nötig zu haben.
Der Leser kann gewiß weitere Irrtümer aus eigener Erfahrung hinzufügen, und wer mit seine Lieblingsfehler petzt muß damit rechnen, sie bald im BWL-Boten zu lesen – natürlich anonymisiert! 🙂
Weitere Ressourcen: BWL-Bote, Zingelseite.
19.09.2008
Ressourcen und Lehrmaterial über Buchführung
Aus- und Fortbildungsteilnehmer finden es immer wieder schwer, sich in die Grundkonzepte der Buchführung einzuarbeiten. Während eine Menge Materiala nur auf der BWL CD zu finden ist, biete ich auch eine Reihe von Unterlagen öffentlich und kostenlos im Netz an. Die wichtigsten sind diese drei Skripte:
1. Grundlagen der Buchführung
2. Grundlagen der wichtigsten Geschäftsbuchungen
3. Buchungen des Jahresabschlusses
Diese drei Skripte sollten in der hier genannten Reihenfolge bearbeitet werden, denn sie bauen aufeinander auf.
Mehr Material befindet sich in http://www.zingel.de/index0.htm im Bereich „Buchführung“ (Taste links drücken) und noch viel mehr auf der bekannten CD.
Natürlich ist es erlaubt, diese allgemein verfügbaren Materialien auch zu benutzen. Ebenso selbstverständlich darf das Material auch verlinkt werden; schließlich steht es ja öffentlich im Netz. Es indes auf die eigene Seite zu stellen, bringt wenig, denn es versteht sich von selbst, daß dieses Material immer auf dem neusten Stand gehalten wird. Es erscheinen also immer wieder neue, aktualisierte Versionen, so daß Downloads schnell veralten.
11.09.2008
Warum die Kostenrechnung so altmodisch ist
Das deutsche Rechnungswesen ist im Kern ein Produkt des deutschen Kaiserreiches. So trat das Handelsgesetzbuch am 01.01.1900 zusammen mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft, als Nachfolger des erst seit 1861 geltenden Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (ADHGB). Schon aus jener Zeit stammt der Gedanke der Offenlegung des Jahresabschlusses externen Interessenten gegenüber als Ausfluß der gesellschaftlichen Verantwortung des Kaufmannes. Was aber hat das mit der Kostenrechnung zu tun?
Auch das interne Rechnungswesen wurzelt in jener Zeit, auf die die ersten Bestrebungen zurückgehen, den Kostenbegriff von den Aufwendungen abzugrenzen und den Leistungsbegriff vom Ertrag des Kaufmannes. Muß der Kaufmann im Jahresabschluß Dritten gegenüber Rechnung legen, so legt er im Zahlenwerk der Kostenrechnung sich selbst und letztlich seinen Kunden gegenüber Rechenschaft, denn der Betrieb ist der Ort der Faktorkombination. Die Produktionsfaktoren aber, Kapital und Vermögen in der Bilanz, sind ein gesellschaftliches Phänomen weil Wirtschaft der Austausch nützlicher Güter ist. Diese entstehen durch Faktorkombination in Betrieben und Unternehmen. Deren juristische Einbettung in die Gesellschaft findet man in Abschluß und Handelsregister und deren Stoffwechselbeziehung hinsichtlich Boden, Kapital, Arbeit und Information manifestiert sich in Kosten und Leistungen.
Dieses Prinzip wurde über die Jahre verfeinert und durch das Bilanzrichtliniengesetz 1986, durch das Bilanzrechtsreformgesetz 2004 und jetzt durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz ab 2009 verändert aber nicht in seinem Wesen angetastet – noch nicht. Das besorgen schon jetzt ganz andere Mächte, deren unheiliges Wirken sich (noch) eher am internen Rechnungswesen manifestiert, am Verfall der Kostenrechnung.
Typisch für die Kostenrechnung ist es ja, nicht Zahlungen sondern Produktionsfaktorbewertungen zugrundezulegen. Das manifestiert gerade die gesellschaftliche Wichtigkeit der Unternehmungen, die in der Faktorallokation ihren Ausdruck findet. Der Unternehmer ist eben nicht ein Geld-, sondern ein Faktoroptimierer, gut an der Existenz nichtpagatorischer und kalkulatorischer Kosten zu demonstrieren. Geld und Faktoren harmonieren aber nur bei freien Märkten, denn nur dann ist das Geld auch ein Wertmaßstab. Dieser Gedanke verkommt aber immer. So schrieb im Forum für Betriebswirtschaft kürzlich jemand, „Experten“ hätten ihm gesagt, die statischen Methoden der Investitionsrechnung seien „out“ und es käme nur noch auf dynamische Methoden an, denn diese seien rein zahlungsorientiert: eine symptomatische Äußerung. Niemand kümmert sich mehr um Produktionsfaktoren und den damit verbundenen Wohlstand, es geht nur noch um Geld. Ohne Moos nix Los, nur Bares ist Wahres. Das Geld aber ist heute ein sehr schlechter Wertmaßstab, weil es so wenig Marktpreise gibt. Da wir aber längst wieder in einer faktischen Planwirtschaft leben, und nicht nur im Gesundheits- und im Energieversorgungsbereich, geht uns auch der Wohlfahrtsbegriff flöten. Die Wirtschaft dient nicht mehr der Gesellschaft und damit dem Menschen, sondern der Selbstbereicherung politischer Eliten. Sie wird zunehmend parasitär. Das also ist das „moderne“ Rechnungswesen. Was für Experten!
Und das ist auch, warum die Kostenrechnung so altmodisch ist: sie bewertet letztlich Märkte und mit ihnen den gesellschaftlichen Nutzen von Gütern. Das aber ist nicht modern in Zeiten, da die Europäische Union im Wege des Emissionshandels Milliardensubventionen zum Abbau von Arbeitsplätzen zahlt und der Klimaschwindel als Vorwand für Deindustrialisierung und Wiedereinführung der Sklaverei zum politischen Leitprinzip wird. Die Kostenrechnung ist letztlich auch ein Ausdruck der gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmers, der sich am Wohlstandsfortschritt orientiert, den sein Betrieb erschafft. Das aber ist überholt in einer Gesellschaft, in der sich jeder nur noch bereichert, bevorzugt auf Emissionsmärkten und in Finanzspekulationen. Dort zählen in der Tat nur Bar- und Buchgeld, nur pagatorische Scheinwerte, die von ihrer materiellen Basis losgelöst an Börsen zirkulieren, jedem gesellschaftlichen Nutzen und damit jedem Bezug zum Menschen enthoben.
Die große wirtschaftspolitische Leistung des Kaiserreiches war die gesellschaftspolitische Einbindung des Unternehmers. Ihn in den Wertschöpfungsprozeß extern wie intern zu integrieren. Die Harmonie zwischen Eigeninteressen und gesellschaftlichem Nutzen, die schon von Jean Baptiste Say vorhergesagt wurde, zu verwirklichen, also genau das Gegenteil des Klassenkampfes, der später zum Leitbild roter Politik wurde. Das Unternehmertum wurde damit zum Motor des Wohlstandes und Fortschrittes, insbesondere in seiner höchsten Manifestation, der Industrie. Heute ist es genau andersherum: wir verlieren die Industrie, den materiellen Wohlstand und mit diesen auch die Kostenrechnung. Die weitreichenden „modernen“ Offenlegungspflichten im HGB und mehr noch in den IFRS enthalten gerade keine Faktorinformation mehr. Keinen Bezug zur Gesellschaft, nur noch eine Relation zum Kapitalmarkt. Sie dienen der Einwerbung von Anteilseignern, dem Informationsnutzen an Börsen. Der Spekulation, der Bereicherung, nicht dem Wohlstand, schon gar nicht dem Fortschritt.
Das ist die Krankheit des „modernen“ Rechnungswesens: nicht mehr kalkulieren, nur noch spekulieren. Nur noch Scheinwerte, keine Produktionsfaktoren mehr. Ein tiefgreifendes Symptom unserer Zeit, in der der Mensch altmodisch geworden ist, und mit ihm der Faktorbegriff. Eine Spätzeit, in der wir da leben, und eine Zeit der politischen Entfremdung wie einst in der Feudalzeit, in die wir in Wirklichkeit längst zurückgekehrt sind.