13.11.2008

Die Kostenarten der Maschinenrechnung, 3 von 3: Sprungfixe Kosten

Posted in Kostenrechnung tagged , , , , , , um 3:01 pm von Harry Zingel

Die kalkulatorischen Kosten einer Maschine sind die gleichen wie in der allgemeinen Kostenartenrechnung, also kalkulatorische Zinsen, Abschreibungen, Wagnisse und Miete. Kalkulatorische Unternehmerlöhne sind jedoch nicht maschinenbezogen. Kalkulatorische Maschinenkosten sind stets Fixkosten, aber die kalkulatorische Abschreibung kann leistungsbezogen sein. Dann wäre sie eine variable Kostenart. Das setzt voraus, daß das Gesamtleistungsvermögen der Maschine während ihrer technischen Nutzungsdauer bekannt ist und die Leistungseinheiten während des Betriebes gemessen werden. Das ist schon bei einem Auto oder einem Bürokopierer gegeben und auch die meisten Industrieanlagen haben Zählwerke und wissen, wieviele Leistungseinheiten sie produzieren können.

Versicherungen verursachen übrigens in aller Regel Fixkosten, aber bei manchen (gefahrgeneigten) Anlagen vereinbaren die Versicherer Leistungsgrenzen. Werden diese überschritten, wird eine weitere (zusätzliche) Versicherungsprämie fällig. Im Prinzip ist das schon bei einer simplen Kfz-Versicherung so, die mit ihrem Kunden eine jährliche Kilometerzahl vereinbart. Man spricht dann von sogenannten „sprungfixen“ Kosten.

Das ist ein häufiges Phänomen in der Maschinenrechnung: Kosten sind bis zu einer bestimmten Ausbringungsmenge leistungsunabhängig, also Fixkosten im engeren Sinne. Wird dieses Leistungsniveau überschritten, steigen die Fixkosten – aber nicht proportional, wie es bei variablen Kosten der Fall wäre, sondern um ein bestimmtes neues Fixkostenpotential.

Ein besonderes Problem in diesem Zusammenhang kann die sogenannte Kostenremanenz darstellen. Hierunter versteht man das „Zurückbleiben“ von Kosten nach einem Rückgang des Beschäftigungsgrades. Steigt zunächst die Leistungsanforderung vom Markt über das maximale Leistungspotential des Betriebes hinaus an, so werden zusätzliche Maschinen bereitgestellt. Jede bringt aber auch ein neues Fixkostenpotential mit sich. Sinkt die Leistungsanforderung wieder, so werden die Fixkostenpotentiale, die zu Zeiten der Hochkonjunktur aufgebaut wurden, nicht wieder abgebaut. Sie bleiben sozusagen zurück.

Wie in der allgemeinen Teilkostenrechnung werden auch in der Maschinenrechnung die Fixkosten pro Periode angegeben. Die Periode ist in aller Regel das Geschäftsjahr. Das liegt nahe, weil Zins- und Abschreibungskosten jährlich berechnet werden. Kürzere Perioden wie Monate oder Quartale sind aber möglich. Die variablen Kosten werden pro Leistungseinheit der Anlage angegeben. Hierbei kann die Wahl der richtigen Einheit streitig sein. Manchmal sind mehrere Einheiten möglich. Dann entstehen auch mehrere Rechenergebnisse.

Beispielsweise wäre eine Abfüllanlage eines Getränkeherstellers nach Leistungseinheiten zu bemessen. Bei genauer Betrachtung stellt sich aber heraus, daß dieselbe Anlage Kleinverpackungen mit 75 ml Inhalt ebenso wie riesige Fünfliterflaschen abfüllen kann. Es ist dann zu überlegen, ob ein Leistungsprozeß der Anlage über 75 ml dieselbe Wertigkeit hat wie ein Fünfliterfüllvorgang.

Eine Etikettiermaschine eines anderen Abfüllers kann bis zu drei Etiketten gleichzeitig in einer einzigen Umdrehung des Behälters aufkleben. Auch hier erhebt sich die Frage, ob das Etikettieren einer winzigen Kaviardose mit einem ebenfalls sehr kleinen Aufkleber dieselbe Leistungseinheit darstellt wie die Etikettierung einer großen 2 l Premium-Weinflasche mit drei edlen Etiketten.

Diese Entscheidung ist fast immer von technischen Gesichtspunkten geprägt und kaum aus kaufmännischer Sicht richtig zu fällen. Grundlage sind die durch den Leistungsprozeß verursachten Verbrauchsparameter. Bei dem großen Etikett wird mehr Kleber verbraucht als bei dem kleinen, so daß mit Gewichtungsfaktoren gearbeitet werden könnte. Oft werden solche „kleinen“ Ungenauigkeiten aber auch bewußt ignoriert, weil deren präzise Erhebung mehr kosten als nutzen würde. Auch wenn Ingenieure und andere Techniker meist versuchen, so exakt wie möglich zu arbeiten, ist Wirtschaft doch immer noch ein Phänomen der Gesellschaft, das keine absolute Präzision kennt. Die Rechengenauigkeit, die digitale Systeme bieten, ist in ökonomischen Zusammenhängen stets illusionär.

Literatur: Zingel, Harry, „Kosten- und Leistungsrechnung“, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-50388-9, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten.

07.11.2008

Die Kostenarten der Maschinenrechnung, 2 von 3: Die Grundkosten

Posted in Kostenrechnung tagged , , , , , , , , , , , , , , um 3:18 pm von Harry Zingel

Grundkosten oder Zweckaufwendungen sind aufwandsgleiche Kostenarten, oder Kosten, die zur gleichen Zeit Aufwendungen sind. Sie sind also, im Gegensatz zu den kalkulatorischen Kosten, aus der Gewinn- und Verlustrechnung ersichtlich. Das scheint einfach, ist es aber nicht. Gerade im technischen Bereich verbergen sich auch hier einige böse Klausuren-Knallkörper.

Viele Maschinen verursachen beispielsweise Lohnkosten. Sie sind aber nur in die Maschinenkosten einzurechnen, wenn die Bedienmannschaft ausschließlich der Maschine zuzurechnen ist. Ansonsten gehören die Lohnkosten in die Rest-Gemeinkosten in der Maschinenkostenstelle. Beispiel: um ein Verkehrsflugzeug zu fliegen braucht man eine Besatzung von mindestens zwei Piloten und mehreren Bordmitarbeitern. Deren Lohnkosten sind Teil der Maschinenkosten, weil die Anlage ohne die direkte Zuordnung der Mitarbeiter nicht betrieblich genutzt werden kann. Ein Bürodrucker, auch ein großer mit Tausenden Blatt Leistungsvermögen am Tag, braucht keine fest zugeordnete Bedienmannschaft. Jeder im Büro kann inzwischen die Papierstaus beseitigen, und jeder im Netz darf Druckaufträge schicken. Es werden also keine Personalkosten der Maschine verrechnet, aber vielleicht Instandhaltungskosten. Und das ist ein viel interessanteres Thema.

Instandhaltungskosten sind Kosten für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft einer Maschine. Sie können präventiv auftreten, etwa bei regelmäßigen Sicherheitsinspektionen und Funktionsprüfungen, oder durch Ereignisse wie Unfälle oder Ausfälle verursacht werden. Unfälle sind Schadensfälle durch fehlerhaften Gebrauch und Ausfälle sind Schadensfälle durch nicht fehlerhaften Gebrauch der Maschine. Beispielsweise kann ein Fahrzeug durch einen Unfall beschädigt werden, weil der Fahrer Verkehrsregeln mißachtet hat. Das ist ein fehlerhafter Gebrauch. Das Fahrzeug kann aber auch ohne Fehler des Fahrers einen Schaden durch Abnutzung entwickeln. In beiden Fällen sind Instandhaltungskosten erforderlich, um den Schaden zu beseitigen.

Präventive Instandhaltungskosten können freiwillig oder unfreiwillig sein. Etwa kann ein Unternehmen technische Anlagen regelmäßig auf Funktionsfähigkeit prüfen lassen, um das Risiko von Ausfällen und Folgeschäden zu minimieren. Es kann aber auch eine TÜV-Prüfung in bestimmten Intervallen vorgeschrieben sein, zu der der Anlagebetreiber verpflichtet ist.

Instandhaltungskosten sind Fixkosten, wenn sie keinen Bezug zur Leistung der Anlage haben. Ansonsten sind sie variable Kosten. Das kann im Einzelfall schwer abgrenzbar sein. Die TÜV-Prüfung an sich ist noch ein einfacher Fall: die Gebühr des TÜV-Prüfers ist immer eine Fixkostenart, wenn die TÜV-Prüfung in regelmäßigen Zeitabständen ungeachtet der Leistung der Anlage zu erfolgen hat. Entdeckt der Prüfingenieur aber Mängel, die beseitigt werden, so sind dies meist Verschleißerscheinungen, also Probleme, die durch Abnutzung der Anlage entstehen. Sie sind variable Kosten, wenn sie einen Leistungsbezug haben, was meistens der Fall ist: Reifen verlieren durch ordnungsgemäßen Gebrauch allmählich ihr Profil und müssen irgendwann ersetzt werden, Radlager, Endschalldämpfer und viele andere Teile müssen von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden.

Problematisch ist der Umgang mit Reparaturen nach Unfällen. Grundsätzlich sind sie zunächst keine Kosten, denn der Unfall dient ja nicht der betrieblichen Leistungserstellung – ganz im Gegenteil. Sie werden also als neutrale Aufwendungen behandelt und stehen Verlusten durch Verderb, Diebstahl oder ähnliche Sachverhalte gleich. Allerdings sollten sie entweder versichert sein, so daß eine Versicherung die Aufwendungen erstattet, oder ihnen sollte eine kalkulatorische Wagnisprämie gegenüberstehen. Im Fall der Kraftfahrzeuge ist es bekanntlich so, daß die Versicherungen ihre Prämien erhöhen, wenn sie in Anspruch genommen werden, und ohnehin in den meisten Fällen kein Unfallbeteiligter eine alleinige Schuld trägt. Es ist also selbst wenn das Auto versichert ist notwendig, noch immer ein kalkulatorisches Wagnis für nicht von der Versicherung bezahlte Schäden zu führen.

Literatur: Zingel, Harry, „Kosten- und Leistungsrechnung“, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-50388-9, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten.

05.11.2008

Die Kostenarten der Maschinenrechnung, 1 von 3: Kosten sind nicht immer Zahlungen!

Posted in Kostenrechnung tagged , , , , , , , , , , um 6:58 am von Harry Zingel

Die Grundbegriffe der Kostenrechnung sorgen immer wieder für Kurzweil. Wer Auszahlungen, Ausgaben, Aufwendungen und Kosten nicht auseinanderhalten kann erlebt spätestens in der Prüfung eines böse Überraschung. Das gilt auch für Klausuren, die solche Grundkenntnisse nicht mehr abfragen, sondern voraussetzen. Besonders in der Maschinenrechnung ist die zugrundeliegende Kostenrechnung bedeutsam. Selbst die Industrie- und Handelskammern machen hier Fehler, sogar in ihren eigenen Prüfungen.

Maschinenkosten sind alle Kosten im Zusammenhang mit Besitz und Betrieb von Maschinen. Bei der Anschaffung von Anlagen entstehen Anschaffungskosten, die aber eben gerade keine Kosten sind, aber die Grundlage für die Zinskostenrechnung.

Die Kostenartenrechnung in der Maschinenrechnung unterscheidet sich damit nicht grundsätzlich von der Kostenartenrechnung anderer Bereiche der Kosten- und Leistungsrechnung. Was als neutraler Aufwand nicht in die Voll- oder Teilkostenrechnung gehört, hat auch in der Maschinenrechnung nichts verloren. Auch hinsichtlich technischer Anlagen ersetzt die kalkulatorische Abschreibung die steuerliche Abschreibung der Buchhaltung. Finanzierungszinsen für Maschinen gehören nicht in die Kostenrechnung. Darin aber steckt bereits ein bedeutsames Ergebnis: da die Kostenrechnung eine Produktionsfaktorrechnung ist, kommt sie zu anderen Ergebnissen als beispielsweise die dynamische Investitionsrechnung, die rein zahlungsorientiert denkt. Eine Anlage, die durch Kredit, finanzierten Kauf oder Finanzierungsleasing beschafft wird, kann im Bereich der dynamischen Investitionsrechnung anders bewertet werden als in der Kostenrechnung, weil die Kostenrechnung andere Größen zugrundelegt als die Investitionsrechnung. Dies ist keine Schwäche der Verfahren und schon gar kein Rechenfehler, sondern der Grund, warum die Betriebswirtschaft eine Kunst ist: man muß es können, und nicht nur wollen. Insbesondere muß man scheinbar widersprüchliche Rechenergebnisse zu einer einheitlichen, folgerichtigen Strategie zusammenführen. Das ist, was hinter dem Zahlenwerk liegt. Das ist eine Kunst, die man nicht in Formeln und Algorithmen lernen kann.

Kosten sind eine periodenbezogene Faktorbewertung. Sie sind daher von Zahlungen unabhängig. Das ist auch in der Maschinenrechnung so. Ein Beispiel illustriert dies: eine Lokomotive fahre im Jahr durchschnittlich 60.000 km. Alle 90.000 km muß sie zu einer großen Durchsicht, die 7.200 Euro kostet. Auch wenn im aktuellen Jahr keine große Durchsicht ansteht, also keine Zahlung fällig wird, entstehen doch anteilige Kosten i.H.v. 4.800 Euro oder zwei Dritteln der Inspektionskosten für zwei Drittel der Fahrtstrecke.

Der durch eine Maschine verursachte Materialverbrauch umfaßt die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie ggfs. Halbfabrikate und Kaufteile. Er ist nach Materialentnahmescheinen zu bewerten, wenn eine Eingangslagerung besteht. Auch dies ist ein von Zahlungen unabhängiges Phänomen: Material kann in einem Geschäftsjahr gekauft, eingelagert und bezogen aber erst im kommenden Jahr verbraucht werden. Die Ausgaben und Auszahlungen liegen dann im alten Jahr, aber die Grundkosten (Zweckaufwendungen) gemäß Entnahmeschein im neuen Jahr.

Der Prüfungsteilnehmer sollte solche Grundlagen im Detail einstudieren, denn sie bilden die elementare Grundlage des gesamten Rechnungswesens. In den folgenden Beiträgen gehen wir auf einige wichtige Einzelheiten der Maschinenkostenrechnung ein und legen die Grundlage für erfolgreiches Überstehen der wichtigsten Klausurfallen.

Literatur: Zingel, Harry, „Kosten- und Leistungsrechnung“, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-50388-9, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten.